… HSH … über den Berg???

Was manche Wirtschaftsblätter alles so als „exklusive“ Nachrichten verkaufen, erstaunt mich immer wieder. So wie gestern das Handelsblatt. Das titelte am 9. Januar:

EXKLUSIV: „HSH Nordbank ist noch nicht über den Berg.“

Der Satz stammt von HSH-Aufsichtsratschef Thomas Mirow im Gespräch mit den Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf. Mirow, Ex-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, sieht auf dem Weg der Genesung noch einige Hürden – „weitere Auflagen (der EU) würden das Geschäftsmodell gefährden.

Was Thomas Mirow da sagt, ist aber keine Nachricht, also nichts Neues, was das Wesen einer Nachricht für Journalisten sein sollte. Wer die Geschäftsberichte der HSH liest und nicht nur die interessensgesteuerten Pressemitteilungen der Bank, der weiß, dass die HSH den Berg gerade erst angefangen hat zu erklimmen, vom Gipfel ist sie weit entfernt. Von „über den Berg“ kann überhaupt keine Rede sein. Die Bank steckt immer noch so tief im eigenen, eingebrockten Schlamassel, wie schon vor fünf Jahren.

Warum sagt Aufsichtsratschef Mirow das jetzt? 

Will er die Hamburger und Schleswig-Holsteiner darauf einstimmen, dass es doch länger dauert mit der Umstrukturierung, der „Gesundung“, der Nordbank und demnächst hohe Verluste auflaufen werden? Also nicht das eintritt, was Vorstandschef Constantin von Oesterreich vor Journalisten gern sagt – dass die Bank 2014 in die Gewinnzone zurückkehrt? Oder die Umstrukturierung der Bank in einem Jahr beendet ist? 

Im Mai 2013 sprach Vorstandschef von Oesterreich vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten und versteifte sich dort auf die Aussage: die HSH habe 2015 die Umstrukturierung beendet, die interne Abbaubank also abgewickelt. Das aber hieße, dass die HSH 2015 dann keine zweifelhaften Kredite, komplexen Wertpapiere und anderes Unverkäufliche mehr im Hause hat. Wie er das anstellen wolle angesichts der immer noch enorm hohen Summe in der Abbaubank, verriet er aber selbst auf Nachfrage nicht.

Abbaubank muss noch 50 Mrd. wieder reinholen

Die interne Abbaubank (Restructuring Unit) verwaltet selbst drei Jahre nach ihrer Gründung im 2. Quartal 2013 mehr als 50 (!) Mrd. Euro an „faulen“ Krediten und Anlagepapieren, die sie Investoren schmackhaft machen muss, damit diese sie kaufen, damit die HSH ihre Ursprungs-Geldgeber auszahlen kann. Denn denen schuldet sie die mehr als 50 Mrd. noch. „Ausfallrisikomanagement“ nennt die Bank das hinten im Zwischenbericht 2013, S. 24.  

In Pressemitteilungen heißt es dagegen: Die interne Abbaubank steuert zurzeit 44 Mrd. Euro, also deutlich weniger als wirkliche Verluste schlagend werden könnten. (vgl. S. 17 Zwischenbericht 2013). Allein 2013 hinterließ die Abbaubank einen geschätzten Jahresverlust von 300 Millionen Euro. 

(Nachtrag Mai 2014:
Im Geschäftsbericht 2013 heißt es jetzt, die Abbaubank enthalte noch Altlasten von 37 Milliarden Euro (S. 2 “Meilensteine”). Auf S. 89 aber steht, dass in der Abbaubank Ausfallrisiken von 44 Milliarden Euro drohen. Zu diesen “Kredit”Risiken zählen laut Geschäftsbericht:

Kreditforderungen, Wertpapiere, Beteiligungen, derivativen Finanzinstrumente und außerbilanziellen Geschäfte, wie unwiderrufliche, nicht ausgenutzte Kreditzusagen.

Das heißt:  Zu den Krediten von 37 Milliarden in der Abbaubank kommen noch 7 Milliarden an z.B. Derivaten und unwiderruflichen Kreditzusagen. Soviel zur Außendarstellung der Bank.)

Schuld sind andere, nicht HSH-Banker und Aufseher

Interessant ist die Begründung, die Thomas Mirows im Interview wählt, warum die HSH denn „noch nicht über den Berg“ ist: Die EU sei Schuld mit ihren Forderungen und der Stresstest. Und das Handelsblatt assistiert: die Finanzkrise.

Dabei zeigt der HSH Prozess vor dem Hamburger Landgericht eindringlich, warum die HSH immer noch Milliardenstützen braucht: ihr Management hat teils trotz besseren Wissens und Warnungen von Kollegen seit der Jahrtausendwende (!) unzählige Fehlentscheidungen getroffen – geschäftlicher und personeller Art – und es hat die Bank nicht nach gesetzlichen Risikovorschriften organisiert. Politik, Wirtschaftsprüfer und Bankenaufsicht haben sie gewähren lassen. 

Schuld sind bei der HSH aber doch immer die anderen, wie auch wieder Aufsichtsratschef Dr. Thomas Mirow im Interview erklärt. Wäre seine Analyse von Offenheit gegenüber der Öffentlichkeit getragen, hätte er in etwa sagen müssen: “EZB-Bankenstresstest wirft Schlaglicht auf Baustellen, die HSH immer noch hat”. Soviel Ehrlichkeit aber ist im Bankensektor eine Utopie.  

Wenn also weiter dicke Verlust auflaufen, wissen wir dann, wer dafür verantwortlich ist — die HSH und ihre Aufseher sind es jedenfalls nicht. 
 

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