HSH Nordbank – Die Story hinter den Kulissen
Wie konnte es zu den hohen Verlusten und den wiederholten Schieflagen bei der HSH Nordbank kommen? Dieser Kernfrage geht Prof. Norbert Dieckmann von der EBC Hochschule in Hamburg in seiner neuesten Buchpublikation nach. Titel: The Changing Face of the German Landesbanken: Die HSH Nordbank AG – Die Story hinter den Kulissen. Es ist eine kurz gehaltene, wissenschaftliche und gut lesbare Aufarbeitung der Geschichte der HSH Nordbank.
Gespräche mit den Architekten der HSH wie Ex-Senator Peiner
Bemerkenswert im Buch ist für mich das Interview mit Dr. Wolfgang Peiner. Der frühere CDU-Finanzsenator Hamburgs (2001-2006) und spätere Aufsichtsratschef der HSH (2007-2009) gilt als treibende Figur in der kurzen Geschichte der HSH Nordbank. Peiner selbst habe den Landesregierungen Hamburg und Schleswig-Holstein die Fusion ihrer beiden Landesbanken zu einer internationalen Geschäftsbank vorgeschlagen, sagt er im Buch – was dann auch 2003 umgesetzt wurde. Bekannt ist auch, dass Peiner maßgeblich den Börsengang der HSH Nordbank mit vorangetrieben hat, der für 2006 angestrebt wurde.
Eigendarstellung ohne Verantwortung
Interessant ist der Tenor des Interviews, das Prof. Dieckmann mit ihm führte. Peiner schafft es aus meiner Sicht in seinen Antworten, sich und seinen Einfluss auf die Entwicklung der HSH Nordbank zu dem, was sie heute ist – eine Bank im Vorfeld der Abwicklung – positiv darzustellen und mit dem Finger auf andere zu zeigen. Seine eigene Verantwortung hält er sehr klein, obwohl er die Geschicke der HSH Nordbank von 2001 bis 2009 maßgeblich mit geprägt hat und als Wirtschaftsprüfer Bilanzen liest wie unsereins die Zeitung. Peiner bleibt damit seiner Linie in früheren Interviews treu.
Auf den Einwand Dieckmanns, bei der Ursachenanalyse der Schieflage der HSH Nordbank sei doch vor allem thematisiert worden, dass die Bank über kein ausreichendes Risikomanagementsystem verfügte, antwortete Peiner mit einem ungewöhnlichen Vorstands-Name-“Dropping”. Zitat Peiner:
Das ist auch der Hauptkritikpunkt, den ich an den Vorständen habe, mit Ausnahme von Nonnenmacher. Die Bank hat beginnend mit der Gründung zwar einen Expansionskurs gefahren, das Risikomanagementsystem ist aber nicht adäquat mit gewachsen.
Der Aufsichtsrat und die Aktionäre haben es zu spät realisiert: Herr Rieck hat die Expansion der Bank vorangetrieben, Herr Strauss als Risikovorstand, hat nicht die Kraft gehabt, ein Gegengewicht zu dem Expansionsdrang von Rieck zu bilden im Sinne von „Checks and Balances“. Und der damalige Vorstandsvorsitzende Stuhlmann hat sich aus allen Konflikten herausgehalten. Das war bis 2006 der Fall. Auch unter Berger als Nachfolger von Stuhlmann änderte sich dies nicht. Dann kam 2007 Nonnenmacher.
Nonnenmacher hat aus meiner Sicht sehr früh erkannt, dass das Risikomanagementsystem deutlich verbessert werden muss und hat die entsprechenden Schritte auch rechtzeitig eingeleitet. Aber: So schnell ging es nicht. Und dann ist durch die [Finanz]Krise [2008] sehr schnell deutlich geworden, dass dort ein wirkliches Grundproblem der Bank lag, das bereits zu Stuhlmanns Zeiten entstanden war, unter Nonnenmachers Zeiten sicher geändert worden wäre, wenn er mehr Zeit gehabt hätte.
[Hervorhebungen von mir]
So deutlich hat noch keiner der HSH-Beteiligten mögliche Verantwortlichkeiten auf Vorstandsebene benannt.
Peter Rieck leitete seit der Fusion 2003 das Vorstandsressort Immobilien und Schifffahrt, Hartmut Strauss war lange Jahre Risikovorstand. Alexander Stuhlmann hatte 1998 den Vorstandsvorsitz der Hamburgischen Landesbank übernommen und wurde 2003 der erste Vorstandschef der fusionierten HSH Nordbank. Er schied 2006 auf eigenen Wunsch aus der HSH aus; für ihn rückte sein Stellvertreter Hans Berger nach. Dirk Jens Nonnenmacher, Mathematikprofessor, kam im Herbst 2007 als Finanzvorstand in die Bank. Er sollte das Gesicht des Börsengangs werden. Ein Jahr später, im November 2008, berief ihn nach dem Rücktritt Bergers HSH-Aufsichtsratschef Peiner zum Vorstandsvorsitzenden.
Rieck, Strauss und Berger mussten sich gemeinsam mit Nonnenmacher, Bernhard Visker und Joachim Friedrich 2013 vor Gericht wegen Untreue beziehungsweise Bilanzfälschung verantworten. Vorläufiges Urteil für die Angeklagten: Freispruch
Hinter den Kulissen
Neben Wolfgang Peiner hat Norbert Dieckmann mit der früheren Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis, gesprochen, mit dem Ex-Wirtschaftsminister Dr. Werner Marnette, und auch mit mir hat er ein Interview geführt. Diese vier Gespräche können in voller Länge im Anhang des Buches nachgelesen werden.
Changing Face of the German Landesbanken: Die HSH Nordbank AG – Die Story hinter den Kulissen von Prof. Norbert Dieckmann ist bei BoD erschienen und hier und hier für 19,80€ erhältlich. Es hat 164 Seiten.
Foto: EBC Hochschule Hamburg
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