HSH-Chef fordert von Eigentümerländern finalen Befreiungsschlag für Schiffskredite
Ungewohnt deutliche Worte hat der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, Constantin von Oesterreich, auf der Pressekonferenz zum Halbjahr 2015 in Hamburg zur Zukunft der Landesbank gefunden.
Von Oesterreicht ist dafür bekannt, bei diesen Pflichtveranstaltungen Sprachhülsen um sich zu streuen, um die dramatische Lage der HSH zu beschönigen, wie: „Wir sind zufrieden.“ „Das Geschäftsmodell funktioniert.“ Und: „Wir haben schöne Zahlen für Sie.“ Heute nahm er im Frage-und-Antwort-Teil mit den Journalisten davon Abstand und sagte klipp und klar, was er sich von den Haupteigentümern Hamburg und Schleswig-Holstein erwartet, damit die Kernbank der HSH noch eine Zukunft hat.
HSH kann Altlasten “nicht tragen”
So erklärte von Oesterreich, dass sich die Altlasten in der Schifffahrtssparte derart negativ entwickeln, dass die HSH diese Lasten „nicht tragen“ kann. „Davon müssen wir uns befreien“, so der HSH-Chef fast kämpferisch.
Bei diesem Satz hätte er es belassen können. Tat er aber nicht. Er redete weiter: Diese Altlasten, fuhr er fort, müssten in einem „sinnvollen Weg“ an die Haupteigentümer – Hamburg und Schleswig-Holstein – „übertragen werden“. Wobei die Eigentümer die „Treiber in diesem Prozess“ seien, fügte von Osterreich an.
Vorstandschef bestätigt indirekt Pläne eines vertraulichen Gutachtens
Es ist also geplant – um den Ratingagenturen und Bankenaufsehern ein aufgeräumtes, konkurrenzfähiges Haus zu präsentieren – die derzeit notleidenden Schiffskredite in Höhe von womöglich 15 Milliarden Euro aus der Bank zu entfernen und an die Länder zu verkaufen. So wie man Sperrmüll vertickt. Auf die Straße stellen geht bei Krediten leider nicht, weil die HSH nicht ihr eigenes Geld verliehen hat, sondern das Dritter wie Versicherungen, Banken, Pensionsfonds. Und die wollen ihr Geld zurück. Für den Ankauf der Kredite müssten die Länder neue Milliarden-Kredite aufnehmen und wären damit für Jahrzehnte heillos überschuldet, vor allem Schleswig-Holstein.
Ländereigene HSH finanzfonds AöR als künftige “Bad Bank”?
Der Vorstandschef bestätigte mit seiner klaren Forderung an die Landespolitik indirekt ein seit Monaten umlaufendes Gerücht über eine „externe Bad Bank“ in Länderhand und einen Bericht des NDR Fernsehens.
Das Schleswig-Holstein-Magazin hatte gestern abend kurz vor Beginn der HSH-Aufsichtsratssitzung über ein vertrauliches Gutachten der Managementberatung Bain&Company im Auftrag der Nordländer berichtet. Daraus geht hervor, dass Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam mit der Bank der EU-Kommission ein so genanntes „Zielmodell“ vorgeschlagen haben – oder vorschlagen werden, das den Abverkauf der notleidenden Schiffskredite zum Beispiel an die HSH finanzfonds AöR und eine Senkung der Garantiegebühren an die Länder vorsieht. (weitere Details dazu im Bericht: „Länder planen, der HSH Nordbank faule Kredite bis zu 14 Mrd. abzukaufen“)
Die Aussage des vertraulichen Bain&Company-Gutachtens wollte von Osterreich zwar „nicht übersetzen“. „Wir dürfen das nicht kommentieren“, sagte der Vorstandschef – dabei hatte er genau das gerade getan.
HSH-Chef provoziert Politik zu Reaktion
Wieso äußert sich von Osterreich ausgerechnet jetzt derart deutlich und beendet die seit Jahren praktizierte Geheimniskrämerei der verantwortlichen Politiker? Hatte er das Versteckspielen und Schönreden der immer schlechter werdenden Ergebnisse der Bank satt? Wollte er nicht mehr für die Politik der Buhmann sein? Oder war es gestern bei der Aufsichtsratssitzung zum Eklat gekommen, wegen der NDR-Veröffentlichung des vertraulichen Gutachtens.
Dieses Gutachten belegt, dass die Länder der EU-Kommission im noch laufenden Beihilfeverfahren ein eigenes „Zielmodell“ vorgeschlagen haben und es eben nicht die EU-Kommission sein wird, die „Auflagen“ erteilt, sondern die Länder diese selbst gewählt haben. So ginge sicherlich eine Interpretation.
Ein erschöpft wirkender von Vorstandschef
Von Osterreich wirkte von Anfang an wenig überzeugend bei der Präsentation der „sehr zufriedenstellenden“ Halbjahresergebnisse 2015.
Gewöhnlich macht er mal einen Scherz oder lächelt kritische Passagen weg. Heute aber war er leise und schien wie ferngesteuert seine üblichen Sprachhülsen von sich zu geben. Müde. Entnervt.
Um dann aber im zweiten Teil der Pressekonferenz auf die Fragen der dieses Mal sehr zahlreich erschienen Journalisten detailliert und offener als sonst zu antworten.
Eine Abwicklung der Bank würde jedenfalls teurer als alles anderes, fügte von Osterreich später noch an, obwohl er die Kosten einer Abwicklung, also einer Insolvenz der HSH Nordbank, nicht beziffern konnte.
HSH-Vorstände nicht Herren des EU-Verfahrens
Eine Entscheidung im EU-Beihilfeverfahren erwartet der Vorstand der HSH Nordbank im Herbst dieses Jahres. Sie seien dabei aber nicht Verhandlungsführer; das seien die Länder und die Bundesregierung, sagte Finanzvorstand Stefan Ermisch bei seinem Part der Halbjahres-Pressekoferenz.
Wie die Zahlen des 2. Quartals 2015 ausfielen? Schlecht.
Der Gewinn vor Steuern lag im 2. Quartal – wie schon im Vorjahr – unter dem des 1. Quartals dieses Jahres. Das Ergebnis des Herzstücks der HSH, der Kernbank, wird erneut vor allem um Sondereffekte bereinigt berichtet, wodurch es höher ausfällt. Und von Osterreich gab zu, dass das Neugeschäft der Bank bei der neu anvisierten Hauptzielgruppe der HSH, den Unternehmern, sehr zögerlich verläuft.
Weitere Berichte:
Hamburger Abendblatt: HSH Nordbank. Reicht die Schrumpfkur zur Rettung?
Die Welt: Steuerzahler soll Milliardenverluste ausbügeln
Wirtschaftswoche: Bank sucht nach Lösungen für schwere Altlasten
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch nochmal Jens Bergers Analyse aus dem Jahr 2013. Besonders die letzten drei Absätze sind im Hinblick auf die geplante Übertragung der notleidenden Schiffskredite quasi direkt auf die Steuerzahler von Bedeutung.
Fotos: Dani Parthum
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