Die Steueroasen der HSH Nordbank – statt Anworten Hintergrundgespräch.
Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten und bedrohen die Demokratie.
Mit solchen markigen Worten prangerte Peer Steinbrück, SPD, im Bundestagswahlkampf 2013 die steueroptimierenden, diskreten Finanzplätze dieser Welt an. Auch der heute amtierende Erste Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz, SPD, hat Steueroasen kritisiert.
Der Journalist Marvin Oppong hat sich intensiv damit beschäftigt, wie deutsche Landesbanken und Kommunen Steueroasen nutzen. Seine Rechercheergebnisse hat er u.a. bei Capital und der Wirtschaftswoche publiziert.
Steigbügelhalter des weltweiten Steuerbetrugs in diesen Oasen-Ländern sind die Banken – auch öffentlich-rechtliche Institute wie die Landesbanken mischen mit Firmen-Töchtern mit. Bei den Landesbanken aber hat die Politik das Sagen. Sie könnte die Banken also zurückpfeifen und Schluss machen mit dem Gebaren auf den Niedrigsteuerfinanzplätzen. Tut sie aber nicht.
Zu den Landesbanken, die auf Töchter in Steueroasen setzen, gehört ausgerechnet auch die HSH Nordbank, die ohne helfende Steuermilliarden längst pleite wäre.
Ein Interview mit dem Journalisten.
Herr Oppong, wie viele Töchter hat die HSH Nordbank derzeit in welchen Steueroasen, ich habe fast 40 gezählt?
Marvin Oppong: Das hängt davon ab, wie man zählt. Auch Länder wie die Niederlande, Irland oder Spanien sind Steueroasen, weil sie Unternehmen Steuerrabatte auf Lizenzeinnahmen gewähren. Die HSH Nordbank hat Beteiligungen in allen drei Ländern. Wenn man solche Länder nicht mitzählt, sondern nur einschlägige Steueroasen wie Luxemburg oder Hongkong, kommt man auf über dreißig Tochterunternehmen in Steuerparadiesen, die der HSH Nordbank gehören.
Laut einer Kleinen Anfrage an den Hamburger Senat handelt es sich bei den HSH-Töchtern in Luxemburg überwiegend um “Holdings”, mutmaßlich also Briefkastenfirmen. Unterhalten alle deutschen Landesbanken vor allem solche Holding-Töchter in Offshore-Finanzzentren? Oder arbeiten tatsächlich dort auch Landesbankangestellte?
Nach meinen Recherchen sind die Bundesländer seit Jahren über ihre Banken indirekt an Dutzenden Tochterfirmen auf den Cayman Islands, den Bermudas, auf Jersey, Malta und Zypern beteiligt. Die Bayern LB, LBBW, NordLB, die Helaba und die HSH Nordbank unterhielten laut ihren Geschäftsberichten Ende 2013 knapp 100 Beteiligungen in Steuer- und Regulierungsparadiesen auf der ganzen Welt. Einige davon sind mutmaßliche Briefkastenfirmen.
Die Bundes-Tochter FMS Wertmanagement, die Bad Bank der geretteten Hypo Real Estate, hat mir etwa mitgeteilt, dass sie im US-Steuerparadies Delaware eine Firma besitzt, bei der es sich, so die wörtliche Auskunft, um eine „Einzweckgesellschaft“ handele, die zum Zeitpunkt der Übernahme „keine Mitarbeiter“ gehabt habe.
Wenn es um die Mitarbeiterzahlen ihrer Firmen in Steueroasen geht, sind die öffentlichen Banken nicht sonderlich auskunftsfreudig. Fest steht aber, dass viele Landesbanktöchter ihren Sitz in einem Haus in der North Orange Street 1209 in Wilmington, Delaware haben. Dort sitzen nach Medienberichten tausende Briefkastenfirmen, auch solche von bekannten Weltkonzernen.
Welche dieser Oasen nutzen die öffentlich-rechtlichen Banker am meisten? Und wie erklären Sie sich das?
Definitiv Delaware, aber auch Luxemburg, Jersey, Irland, Hongkong und Singapur kommen häufig vor. Delaware hat ein sehr unternehmensfreundliches Steuerrecht und ein Handelsregister, bei dem man außer einer Anschrift und dem Namen eines „Registered Agent“ quasi keinerlei sonstigen Angaben machen muss. Der auf internationales Gesellschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Torsten Schmidt aus Hannover, der in Delaware studiert hat, hat mir erklärt, dass man quasi nicht einmal Eigenkapital benötigt, um eine Firma in Delaware zu gründen. Um herauszufinden, wer überhaupt hinter eine Firma in Delaware steht, müsse man eine Art Privatdetektiv beauftragen. Aus meiner Sicht kann man daher mit einer Firma in Delaware wunderbar Bankgeschäfte von der deutschen Öffentlichkeit abschirmen.
HSH-Vorstandschef von Oesterreich hat einmal auf meine Frage hin, wie lange die HSH Nordbank noch in Steueroasen aktiv sein wolle, mit einem Achselzucken geantwortet: Solange die Kunden das wollen. Ausrede oder tatsächlicher Grund?
Über manche der Firmen in Steueroasen laufen Finanzprodukte, die Kunden auf dem Markt erwerben, zum Beispiel bestimmte Fonds. Solche Gesellschaften lassen sich wegen der Laufzeit der Finanzprodukte aus zivilrechtlichen Gründen zum Teil erst in Jahren oder gar Jahrzehnten auflösen. Wie ich herausgefunden habe, laufen die Anleihen der WestLB Finance Curaçao, die ihren Sitz auf der gleichnamigen Karibikinsel hat, noch bis zum Jahr 2041. Vorher kann die Gesellschaft nach Angaben von Portigon nicht aufgelöst werden.
Welche Erklärungen der (Landes)-Banker und Kommunen/Länder haben Sie noch gehört bei Ihren Recherchen?
Fast immer hieß es, dass Firmengründungen in Delaware deshalb vorgenommen würden, weil Firmen dort schnell und einfach gegründet werden können. Aber dafür könnte man auch eine Limited in England, das geografisch viel näher liegt, gründen. Wenn man eine Briefkastenfirma in Delaware aufmacht, dann meist aus einem bestimmten Grund.
Und welcher wäre das? Was sind die wahren Gründe, in Niedrigsteuerländern Töchter zu unterhalten?
Die Frage dürften am besten die Banken beantworten können. Fest steht aber, dass in den Steueroasen im Schnitt niedrigere Unternehmenssteuersätze als in Deutschland gelten. Einnahmen aus Lizenzen sind dort häufig steuerbegünstigt. Eine Firma in einem Hochsteuerland wie Deutschland kann dann teure Lizenzzahlungen an eine Tochter in einer Steueroase leisten, die hier als Betriebsausgabe abgesetzt werden können, in dem Steuerparadies aber niedrig besteuert werden. Manche Dinge, die nach deutschem Recht nicht erlaubt sind, dürfen Landesbanktöchter in Steueroasen tun, auch wenn der deutsche Gesetzgeber das eigentlich anders vorsieht. Hinzu kommen die geringere Transparenz von Offshore-Gesellschaften und die niedrigen Anforderungen an Eigenkapital.
Entgehen dem deutschen Staat tatsächlich Steuern durch die offshore-Geschäfte der Landesbanken – oder eher den Ländern, aus denen die “Kunden” stammen?
Die Frage kann so leicht nicht beantwortet werden, weil die Banken genaue Auskünfte zu ihren Geschäften in den Steueroasen verweigern. Nur wenn man den genauen Inhalt der jeweils getätigten Geschäfte kennt, kann man die steuerrechtliche Situation beurteilen. In Steueroasen gelten aber niedrigere Unternehmenssteuern als in Deutschland. Außerdem entgeht dem Bund und den Ländern in Deutschland unter Umständen Körperschaftssteuer und den Kommunen Gewerbesteuer, die hierzulande gezahlt werden müsste, wenn die Firmen hier ihren Sitz hätten.
Die Landesregierung in Schleswig-Holstein will seit 2013 mit der HSH in einen “kritischen Dialog” getreten sein, um die Engagements der Bank in Steueroasen “konsequent zu reduzieren” (siehe Kleine Anfrage). Sehen Sie darin vor allem Beruhigungsworte oder ein glaubhaftes Anliegen? Sind Landesbanken tatsächlich bereit, ihre Offshore-Töchter abzuwickeln?
Es gibt tatsächlich Offshore-Töchter, die verkauft oder abgewickelt wurden. Aber das ist nur ein kleiner Teil derjenigen, die existieren. Von diesen werden, das ist jetzt schon klar, aus den genannten Gründen einige zum Teil noch Jahre weiterbestehen. Vor allem aber findet die Reduktion der Firmen sehr langsam statt. Zum Teil finanzieren sich die Banken ja über diese Offshore-Töchter oder verdienen mit diesen ihr täglich Brot.
Abgeordnete in Hamburg und Schleswig-Holstein haben ihre Landesregierungen zum Engagement der HSH in Steueroasen mehrfach befragt. Die erhaltenen Antworten waren sehr dürftig. Ist das auch Ihre Erfahrung bei den Recherchen?
Ja, auf die Antworten zu den meisten meiner Fragen warte ich bis heute. In der letzten Woche habe ich der HSH Nordbank Fragen zu ihren Tochterunternehmen in Steueroasen gestellt. Nahezu alle Fragen hat die Bank bislang nicht beantwortet. Stattdessen hat mir der HSH-Sprecher ein „Hintergrundgespräch“, aus dem ich nicht zitieren könnte, angeboten und mir mitgeteilt, man würde gerne den Kern meiner Recherche „erörtern“.
Zu den fragwürdigen Offshore-Geschäften der HSH hat Marvin Oppong jetzt auch beim Manager Magazin einen Bericht veröffentlicht.
Zum Nachlesen:
Peer Steinbrücks 8-Punkte-Plan: Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten
Foto: Kai-Uwe Heinrich
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Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen:
“Im Sinne der heutigen Unternehmensführung war es sicherlich ein Fehler….”
– Rechtsvorstand der HSH Nordbank im Jahre 2014
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/schleswig-holstein_magazin/Deal-mit-der-HSH-Nordbank-aufgeflogen,shmag30310.html
Alles neu, alles nicht vorhersehbar ?
“Der Ex-Manager behauptete vor dem Ausschuss zudem, die Bank habe seit 2002 oder 2003 über eine eigene Abteilung “Steuer-Transaktionen” veranlasst, um Steuern zu sparen. Ohne diese Transaktionen wäre die Bank “in einigen Jahren vielleicht nicht so profitabel” gewesen. “Alle Deals gingen durch den Vorstand und durch den Aufsichtsrat”, sagte Marti-Sanchez.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang einer Strafanzeige wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. “Wir prüfen die Anzeige”, sagte Sprecher Wilhelm Möllers.
Ein Sprecher der HSH Nordbank wies den Vorwurf der Steuerhinterziehung zurück: “Die in Rede stehenden Geschäfte sind der Finanzverwaltung im Zuge der Steuererklärung offengelegt worden und unterliegen der laufenden Betriebsprüfung.””
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/dubiose-geschaefte-ex-manager-wirft-hsh-nordbank-grosse-fehler-vor-a-726197.html
vom 29.10.2010
Das darf einen doch nun wirklich nicht mehr wundern! Der automatische Informationsaustausch wird kommen und dann darf man mal gespannt sein, was und wie viel sich ändern wird.