Zu kritisch mit Omega 55? Kündigung.
Bei der Aufarbeitung des komplexen Geschäfts Omega 55 sind die Aussagen der Rechtsabteilung von entscheidender Bedeutung. Denn hat die Rechtsabteilung Bedenken und empfiehlt, ein geplantes Geschäft nicht zu machen, hat der Vorstand ein Problem.
Große Bedenken
Mit Omega 55 hatte die zuständige Juristin der Rechtsabteilung, Vera S., erhebliche Bauchschmerzen. Das sagte sie in ihrer Befragung am 16. und 17. Verhandlungstag.
Die 42jährige hatte Omega 55 als Kreislaufgeschäft eingestuft. Omega war so konstruiert, dass die HSH im Teil-A Risiken aus ihren Krediten an die BNP Paribas übertrug (Banken machen so etwas!), um sie in Teil-B über ein kompliziertes Firmenkonstrukt wieder zurückzunehmen. Bezugsgröße war dabei ein fast identisches Sammelsurium von Krediten an Großbauherren und Unternehmer. Damit aber wurde das Eigenkapital der Bank nicht entlastet, sondern eher belastet, weil in Teil-B höhere Risiken steckten als in Teil-A.
Mundtot gemacht
Juristin Vera S. konnte nach ihrer Aussage ihre Bedenken dem Leiter der Rechtsabteilung, Dr. Wolfgang Gössmann, im Januar 2008 aber nicht nahe bringen, er überstimmte sie quasi, oder anders: er wies sie nach ihrer Aussage an, es so zu sehen, wie er Omega 55 sah: Weil der Vertrag zu Teil-A im Dezember 2007 unterschrieben wurde und der Vertrag für Teil-B erst im Januar 2008, seien es ZWEI Geschäfte. Zwei getrennte Geschäfte seien kein Kreislaufgeschäft, so das Argument des Chefjustiziars, dem sich Vera S. nach eigenen Angaben unterordnete. Ihre Bedenken aber blieben — Konsequenezn zog sie für sich aber keine, erklärte sie dem Gericht.
Als die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin im November 2007 von der HSH forderte, sie solle melden, welche kapitalentlastenden Geschäfte die Nordbank abgeschlossen habe, hielt Juristin Vera S. erneut ihre Bedenken zurück und meldete in Absprache mit einem Kollegen der Bafin im Januar 2008 nur Teil-A, verschwieg Teil-B. Denn es war ja ein anderes Geschäft und gehörte nicht zusammen — obwohl die Vorstände Omega 55 als GANZES freigegeben hatten. So schilderte sie es vor Gericht.
Spurenbeseitigung durch Dr. No ?
Eineinhalb Jahre später wurde Kollegin Vera S. von ihrem Chef Wolfgang Gössmann zu sich bestellt. In diesem Gespräch eröffnete ihr der Vorgesetzte, es bestehe von Seiten der Bank der Wunsch, sich von ihr zu trennen. Als Grund für die Kündigung soll Gößmann das immer noch geheim gehaltenen Gutachten der Beratungsgesellschaft KPMG genannt haben. Das Gutachten arbeitete 2009 die Umstände für die Fastinsolvenz der HSH auf. In diesem Gutachten soll Frau Vera S. nicht gut weggekommen sein, weil sie “proaktiv die Bafin über Omega 55 hätte informieren müssen”.
Selbst will der Chefjustiziar das aber nicht im KPMG-Bericht gelesen haben. Vielmehr berief sich Wolfgang Gössmann auf ein Gespräch mit dem damaligen Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher. Der habe ihn wissen lassen, die Bafin — explizit ein bestimmter Kollege — wolle nicht mehr mit Juristin Vera S. zusammenarbeiten.
Der (vorgeschobene) Kollege bei der BAFIN will davon aber gar nichts gewußt haben, zumindest reagierte er überrascht, als Vera S. ihn anrief und ihn bat, zu erkären, warum er sie nicht für kompetent in aufsichtsrechtlichen Fragen hielt. Das entspreche nicht seiner Meinung, soll er gegenüber Vera S. gesagt haben.
Intrigantenstadl
Sie habe daraufhin Wolfgang Gössmann noch einmal angeprochen und ihm auch gesagt, dass die Entscheidung, der BAFIN nur auf Anfrage Teil-A zu melden — wegen der zeitlichen Trennung — auf seine Einschätzung zurückgehe. Das aber focht Chefjustiziar Gössmann nicht an, so die Zeugin. Er blieb bei seinen Gründen für die Kündigung, obwohl Vera S. sie nach eigener Aussage widerlegen konnte.
Vera S. schied kurz danach per Aufhebungsvertrag aus der Bank aus.
Die HSH trennte sich später übrigens auch von ihrem Chefjustiziar Wolfgang Gössmann. Im August 2010 wird er suspendiert. Zum 30. September 2011 erhält er die Kündigung — wegen des Verdachts auf Untreue. Das Arbeitsgericht Hamburg bestätigte die Kündigung als rechtens.