Omega 55 für HSH Nordbank “technisch” zu komplex.
Mit und ohne Votum
Die Koordinatorin aus der Abteilung Neue-Produkte-Neue-Märkte NPNM, die Zeugin Sirka H., hat bei ihrer letzten Vernehmung (am 16. Verhandlungstag nachmittags) fast schon nebenbei zwei äußerst interessante Dinge erwähnt. Beide ziemlich technisch, aber gerade deswegen vielleicht wichtig.
Das Gericht wirft ja immer wieder die Frage auf, warum das zweiteilige Omega-55-Geschäft nicht als Ganzes von NPNM geprüft worden ist, sondern nur Teil-A. Mit Teil-A hat die HSH Ende 2007 ihr Verlustrisiko reduziert und ihr Eigenkapital aufsichtsrechtlich geschont. Mit Teil-B hat sie diesen Vorteil im Januar 2008 wieder ins Gegenteil gekehrt und sich darüber hinaus zusätzliche Risiken aufgehalst.
Also: Zeugin Sirka H. erwähnte, dass es zwei Produktgruppen für NPNM gebe.
Gruppe 1-Produkte MÜSSEN von NPNM geprüft und mit einem Votum versehen werden. Nur der Gesamtvorstand darf sie freigegeben. Wobei die Zeugin unter Gesamtvorstand ALLE Vorstände versteht, also alle sechs damals amtierenden.
Bei Gruppe 2-Produkten ist es anders. Diese brauchen keinen NPNM-Prozess zu durchlaufen, sie benötigen kein Votum, sondern können vom Gruppenleiter freigegeben werden.
Omega 55 war ein Gruppe 1-Produkt. Das heißt: Im Verständnis der Zeugin hätten alle Vorstände das Geschäft freigeben müssen, und nicht nur zwei, wie Dirk Jens Nonnenmacher das in seiner Selbstverteidigungsrede dem Gericht weis machen wollte.
HSH konnte Omega technisch nicht handhaben
Auf jeden Fall schilderte die Zeugin, dass die HSH Nordbank Kreditderivate wie Omega 55 technisch nicht abwickeln konnte. Es mußte extra eine Arbeitsgruppe gebildet werden, um herauszufinden, wie Omega 55 aus den Büchern manuell wieder getilgt werden kann. Für eine automatische Ausbuchung aus der Gesamtbank fehlten die technischen und organisatorischen Voraussetzungen.
Das führt zum zweiten interessanten Einblick, den uns die Zeugin Sirka H. gegeben hat. Darin könnte ein Mitgrund für die Bilanzfälschung liegen, die das Gericht Dirk Jens Nonnenmacher und Joachim Friedrich vorwirft.
Die Zeugin erzählte, dass gewöhnlich die Marktbereiche, die ein Geschäft ankurbeln, dieses Geschäft in die Bankbücher “einbuchen”. Bei der Financial Institutional Group (FIG) in London ging das aber nicht, weil sie IT-technisch dafür (noch) nicht ausgestattet war. Die FIG als Teil der Kapitalmarktsparte aber hatte Omega 55 ausgeheckt, also hätten sie es einbuchen müssen. Weil London dazu nicht in der Lage war, berichtet die Zeugin, hätte NPNM KollegInnen in Hamburg suchen müssen, HändlerInnen, die Omega 55 erfassen, damit es gebucht werden kann.
Kredit statt Swap
In Hamburg aber sitzen Kredit-Händler. Diese Händler kannten aber Strukturen wie Omega 55 nicht. Vielleicht wurde deswegen Omega als “Kredit” eingebucht, als “loans and receivables“, statt als das, was es war, als Derivat und Total Return Swap.
Das könnte eine Erklärung für die fehlerhafte Erfassung von Omega und die falsche Bilanz im 1. Quartal 2008 sein, muss es aber nicht.
Der NPNM-Prozess sei durch die fehlende Handhabbarkeit von Omega 55 durch London jedenfalls deutlich aufwändiger geworden, sagte Zeugin Sirka H. (die Abteilung hatte letztlich nicht mehr als 7 Tage Zeit für ihre Prüfung).
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